Landtag NRW: Ausschussprotokoll APr 14/783
27/01/09 09:29 Abgelegt in:Eiserner Rhein
Am 27.11.2008 wurde im Ausschuss für Bauen und Verkehr des Landtages NRW öffentlich auch über den Eisernen Rhein diskutiert. Lesen Sie hier die Fragen und Stellungnahmen der Landtagsabgeordneten sowie die Antworten von Landesverkehrsminister Oliver Wittke zum Thema Eiserner Rhein:
Punkt 5 Eiserner Rhein: Konsequenzen aus dem Scheitern der A 52-Variante – Bericht des Ministers für Bauen und Verkehr
Vorsitzender Wolfgang Röken betont die Aktualität dieses Themas, die auch durch die Presseartikel am heutigen Tage deutlich werde.
Minister Oliver Wittke (MBV) trägt vor:
Der Blick in die Presseschau mag interessant sein, der Blick auf die Fakten ist aber aufschlussreicher. Es gibt häufig Diskrepanzen zwischen den Berichten irgendwelcher Leute und dem, was tatsächlich passiert ist. Manchmal bedeutet es auch ein Gewinn an Lebensqualität, wenn man die Presseschau einfach einmal rechts oder links zur Seite legt und sich an den Fakten orientiert. Genau das möchte ich machen, indem ich Ihnen einen Sachstandsbericht über den Eisernen Rhein gebe.
In der vorletzten Woche hat ein Gespräch der Verkehrsminister aus Belgien, den Niederlanden, Nordrhein-Westfalen und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium in Brüssel stattgefunden. Insoweit ist die Berichterstattung korrekt. Es ist auch korrekt, dass wir ohne ein Ergebnis auseinander gegangen sind. Falsch ist aber, davon zu reden, dass die A 52-Trasse gestorben und ad acta gelegt worden sei. Das Gegenteil ist der Fall. Es laufen weitere Gespräche. Verhandlungsführer auf der deutschen Seite ist der Bund; das ist klar und eindeutig. Wir in Nordrhein-Westfalen sind nicht Verfahrensbeteiligte, wenngleich ich durchaus zugestehe, dass wir in dieser Frage die Druckmacher sind. Ich bin froh, dass die A 52-Trasse im Landtag eine so breite Mehrheit gefunden hat, weil ich relativ selbstbewusst mit einem breiten Mandat auftreten und diese vernünftigste Trasse immer wieder protegieren kann.
Vor 14 Tagen haben wir eine Einigung bezüglich der Finanzierung erzielt. Darum ist es falsch, zu behaupten, der niederländische Verkehrsminister habe gesagt, er werde keine Mehrkosten auf deutscher Seite übernehmen. Ganz im Gegenteil: Wir haben die komfortable und gute Situation, dass sowohl Belgien als auch die Niederlande bereit sind, auf deutschem Staatsgebiet Infrastrukturfinanzierung mitzubetreiben. Das ist wahrhaft europäisch gedacht. Das ist gut und vernünftig, denn in der Tat würden von einem Eisernen Rhein ja nicht nur die Bundesrepublik Deutschland, sondern auch Belgien und die Niederlande profitieren.
Keine Einigung erzielt haben wir hinsichtlich der Risikoaufteilung für den Fall, dass es zu Mehrkosten kommen sollte. Auch hier gilt: Vor Abschluss der Vorentwurfsplanungen und der Ausführungsplanungen wird man keine Aussage darüber treffen können, wie teuer der Eiserne Rhein tatsächlich wird. Bislang sind wir von der Summe ausgegangen, die IVV in einem Gutachten ermittelt hat. Das Gutachten wird mittlerweile auch von der Deutschen Bahn und von den drei Nationalstaaten ausdrücklich bestätigt. Wenn es in diesem Kostenrahmen bleiben würde, hätten wir keinerlei Probleme. Da es aber zu Kostensteigerungen kommen kann, muss man sich vor Abschluss einer trinationalen Vereinbarung darüber einigen, wer welchen Anteil dieser Kosten übernimmt. An genau dieser Stelle stehen wir. Zwar gibt es die Neigung der Niederlande, in einem beträchtlichen Umfange Kostensteigerungen mit übernehmen zu wollen, allerdings weigern sich die Belgier derzeit und ist der Bund im Moment noch nicht bereit – ich sage bewusst: noch nicht bereit, da noch Gespräche laufen –, einen ungedeckten Scheck für mögliche auftretende Kosten auszustellen. Insofern werden in den nächsten Wochen und Monaten weitere Gespräche vonnöten sein.
Ich möchte noch einmal unser Grundanliegen deutlich machen: Wir wollen so schnell wie möglich eine leistungsfähige Güterverkehrstrasse von Antwerpen in den Rhein-Ruhr-Raum haben. Das ist für die Weiterentwicklung unserer Wirtschaftsräume an Rhein und Ruhr zwingend notwendig. Leistungsfähig bedeutet für mich, dass sie zweigleisig und elektrifiziert ist, denn alle anderen – das haben unsere Untersuchungen gezeigt – Varianten würden schon nach wenigen Jahren an ihre Kapazitätsgrenze gelangen. Das ist im Übrigen in der Vergangenheit Common Sense gewesen zwischen den drei Nationalstaaten, dass die Trasse leistungsfähig sein soll. Dazu wären im Zuge der A 52-Trasse weitere Baumaßnahmen auf niederländischem Staatsgebiet notwendig. Auch das hat der niederländische Verkehrsminister zugesagt. Darüber hinaus wollen wir, dass diese Trasse möglichst zügig realisiert wird, natürlich mit dem entsprechenden Lärmschutz nicht nur im Neubaubereich, sondern insbesondere auch an der Bestandsstrecke, also in Viersen, Krefeld und anderen Strecken, die durch eine höhere Zugfrequenz Belastungen ausgesetzt sind.
Ich bin froh darüber, dass wir in enger Abstimmung mit dem Bund eine einheitliche Meinung zwischen Bundesregierung, Landesregierung und dem Landesparlament haben. Insofern sehe ich mit Interesse den weiteren Verhandlungen entgegen. Es wird noch eine Reihe von Gesprächen zu führen sein. Darum noch einmal: Wir stecken zwar im Moment fest, aber die A 52-Trasse ist nicht gescheitert.
Horst Becker (GRÜNE) erwidert, offensichtlich hielten aber viele andere Beteiligte die A 52-Variante für gescheitert. Beispielsweise habe der niederländische Verkehrsminister Eurlings an die Zweite Kammer in Den Haag am 25. November Folgendes geschrieben: Jetzt, wo die A 52-Variante vom Tisch ist, müssen wir entsprechend den Ausführungen des Arbitrage-Gutachtens gemeinsam mit Belgien den Weg der Modernisierung, Anpassung und Reaktivierung des Eisernen Rheins einschlagen.
Möglicherweise bestehe ja die Chance, den niederländischen Verkehrsminister zurückzugewinnen. Er stelle sich jedoch die Frage, warum der niederländische Verkehrsminister so etwas vermelde. Eine wesentliche Ursache dafür – dies habe man in den letzten Wochen auch der Presse entnehmen können – stelle die Kostenschätzung und die Aufteilung der Kosten dar. Vonseiten des Ministers Wittke und des
Gutachtens werde immer wieder von einer Win-win-Situation gesprochen, die sich dadurch ergebe, dass ein Naturschutzgebiet nicht untertunnelt werden müsse und die dadurch eingesparten Mittel für Investitionen im Bereich der deutschen Trasse verwandt würden.
Der niederländische Verkehrsminister habe darüber hinaus in seinem Schreiben dargelegt, dass ihm von deutscher Seite erklärt worden sei, dass die Kosten bis zu 900 Millionen € betragen könnten. Hier stelle sich die Frage, wer diese Summe ins Spiel gebracht habe. Er vermute, dass dies die Bahn gewesen sei. Wenn nun von deutscher Seite gefordert werde, dass die Differenz zwischen 480 Millionen € und 900 Millionen € von allen Beteiligten getragen werde, dann dürfe man sich nicht wundern, dass die Partner ihre Meinung änderten. Vor dem Hintergrund möchte er vom Minister wissen, was er zu tun gedenke, um den niederländischen Verkehrsminister wieder auf das gemeinsame Gleis zurückzuholen. Wenn der Minister auf diese Frage keine akzeptable Antwort gebe, dann würde er den Optimismus des Ministers für tollkühn halten.
Bodo Wißen (SPD) führt aus, es bestehe Einigkeit darin, dass nur eine zweigleisige und elektrifizierte Strecke wirtschaftlich sinnvoll sei. Hierauf beruhe ja auch der Antrag aller vier Fraktionen im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Er stelle nun fest, dass der Minister gegenüber dem Parlament im Hinblick auf eine Realisierung der A 52-Trasse zu optimistisch gewesen sei. Offenbar habe der Minister vorher nicht mit allen Beteiligten die Bedingungen abgeklärt. Die drei an dem Verfahren Beteiligten müssten sich nun für die A 52-Trasse oder die historische Trasse entscheiden. Der Abgeordnete möchte wissen, ob der Minister bereit sei, auch die historische Trasse zweigleisig und elektrifiziert zu unterstützen. Wenn er das nicht wolle, dann bedeutete dies einen Verstoß gegen den Antrag.
Christof Rasche (FDP) legt dar, der Eiserne Rhein sei für den Wirtschaftsstandort Deutschland und Nordrhein-Westfalen von elementarer Bedeutung. Dieser müsse zweigleisig und elektrifiziert sein. Die Niederländer hätten klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es bei der historischen Trasse im Bereich des Tunnels auf keinen Fall zweigleisig sein werde. Da nur eine vollständig zweigleisige und elektrifizierte Strecke Sinn mache, falle die Variante historische Trasse aus. Nach Auffassung seiner Fraktion sei ausschließlich die A 52-Trasse leistungsfähig und mit Realisierungschancen versehen. Vor dem Hintergrund begrüße er, dass Minister Wittke gerade erklärt habe, dass die A 52-Trasse weiterverfolgt werde.
Hervorheben wolle er das sehr kooperative Verhalten des niederländischen Verkehrsministers Eurlings. Dies habe er an vielen Stellen bewiesen. Der niederländische Verkehrsminister Eurlings lobe in seinem Schreiben vom 25. November rückblickend ausdrücklich die positive Rolle des damaligen Staatssekretärs im Bundesverkehrsministerium Jörg Hennerkes. Dieser habe ihn mit der Argumentation einer Win-win-Situation für alle drei Staaten überzeugt, für Belgien größere Kapazitäten, für die Niederlande eine finanzielle Entlastung und zusätzliche Maßnahmen in Wert und für Deutschland ebenfalls größere Kapazitäten und zudem die Möglichkeit eines Logistikzentrums bei Elmpt.
In einem Gespräch in Berlin habe Staatssekretär Hennerkes ausdrücklich die Win-win-Situation für alle drei Länder bestätigt und zudem auf Nachfrage erklärt, dass er das Ziel verfolge, die A 52-Trasse als ein europäisches Projekt im Rahmen einer Aktiengesellschaft zu verwirklichen.
Mittlerweile habe Staatssekretär Großmann die Rolle des ehemaligen Staatssekretärs Hennerkes in Berlin übernommen. Hier könne er jedoch nichts Positives vermelden. Staatssekretär Großmann sorge überall für große Verunsicherung, insbesondere dadurch, dass er ständig und überall andere Summen nenne.
Die FDP verfolge weiterhin das Ziel, die A 52-Trasse auf der Grundlage des Beschlusses des Landtags aller vier Fraktionen zu verwirklichen.
Dietmar Brockes (FDP) ist interessiert zu erfahren, ob ein weiterer Zeitplan vorliege und – wenn ja – wie dieser aussehe.
Er habe der Regionalpresse entnommen, dass es auf niederländischer Seite Überlegungen bezüglich eines direkten Ausbaus der sogenannten Viersener Kurve gebe. Dies würde bedeuten, dass der Verkehr von Antwerpen nach Venlo und nicht über Roermond geführt würde. Er fragt, ob dies ebenfalls Inhalt der Gespräche gewesen sei.
Bernd Schulte (CDU) lässt verlauten, der Minister habe deutlich gemacht, dass die Behauptung, die A 52-Trasse wäre gescheitert, nicht zutreffe. Fakt sei, dass es derzeit einen Stau gebe, was die Risikoverteilung bezüglich der Mehrkosten angehe. Es scheine eine Frage der Verständigung im Verhältnis Benelux/Nordrhein-Westfalen zu sein, wie man mit den offensichtlich etwas schwächelnden belgischen Partnern weiter klarkomme. Eine wichtige Etappe auf dem Weg könnte der Versuch sein, die Mehrkosten aus dem anonymen Bereich herauszuholen und auf der Grundlage von
Kostenschätzungen nach der HOAI Zahlen zu bekommen, die mehr als vage Schätzungen darstellten. Ohne konkrete Zahlen werde man seiner Meinung nach nicht weiterkommen.
Vor der Beschlussfassung über den Antrag habe man eine Abwägung zugunsten der A 52-Trasse vorgenommen. Vor dem Hintergrund würde er es inhaltlich und vom taktischen Vorgehen her für falsch halten, seitens des Landes Nordrhein-Westfalen die historische Trasse als denkbare Möglichkeit darzustellen. Dies dürfe derzeit kein Thema sein. Alles andere würde die Position Nordrhein-Westfalens gegenüber dem Bund und den multilateralen Partnern schwächen. Insofern sollte man den Mut und die Ausdauer haben, zu einem einmal gefassten Beschluss zu stehen. Von daher sollte der Minister das Mandat bekommen, auf der Grundlage des gemeinsamen Beschlusses weiter zu arbeiten.
Horst Becker (GRÜNE) sagt, in Anbetracht der Kostensteigerung müsse man einmal darüber nachdenken, ob es nicht kostengünstigere und bessere Möglichkeiten für die Bevölkerung gebe. Dazu habe der Minister nichts gesagt. Er interpretiere die bislang gemachten Aussagen dahingehend, dass der Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen gebeten werde, darüber nachzudenken, zusätzliches Geld zur Abdeckung der Risiken zur Verfügung zu stellen.
Er weise darauf hin, dass der von allen vier Fraktionen getragene Antrag falsch interpretiert werde. In dem Antrag sei von einer möglichen Trasse die Rede. Darüber hinaus würden einige Restriktionen genannt. Durch einen Vergleich der verschiedenen möglichen Trassen ergebe sich dann, für welche Trasse man sich entscheide. Er halte es nicht für klug, sich auf eine Trasse festzulegen und andere kategorisch abzulehnen. Dadurch mache man sich erpressbar, indem man sich nämlich der Gefahr aussetze, zur Durchsetzung der A 52-Trasse mehr Geld zur Verfügung stellen zu müssen.Eine solche Vorgehensweise hielte er für unverantwortlich. Dies würde auch den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen gefährden, da man dann entweder keine Trasse oder eine Trasse nur zu einem sehr hohen Preis bekomme. Seiner Meinung nach müsse der Minister einen anderen Weg gehen.
Monika Ruff-Händelkes (SPD) lässt verlauten, ihr sei nicht klar, inwieweit der Lärmschutz bei allen bisher miteinander verglichenen Varianten mit einberechnet worden sei. Hierin bestehe ein großes Problem für die Menschen vor Ort. Die Kosten könnten nur dann miteinander verglichen werden, wenn man auch den Lärmschutz mit einbeziehe. Der Minister habe dem Lärmschutz eine große Priorität beigemessen. Es fänden von der DB AG durchgeführt und dem Bundesverkehrsministerium initiiert immer wieder Untersuchungen statt, wie der Lärm gesenkt werden könne. Die Abgeordnete möchte wissen, inwieweit der Minister Derartiges in seine Überlegungen mit einbeziehe.
Minister Oliver Wittke (MBV) betont, die A 52-Trasse sei nicht vom Tisch. Er empfehle, sich mit dem niederländischen Verkehrsminister darüber zu unterhalten, wie er seine Ausführungen gemeint habe. Das Land Nordrhein-Westfalen werde auch weiterhin über die A 52-Trasse verhandeln. Diesen Verhandlungsauftrag leite er auch aus dem Parlamentsbeschluss ab.
Der Abgeordnete Becker habe bezüglich der Kostenschätzung die Deutsche Bahn angesprochen. Er bitte den Abgeordneten, ihm diese Kostenschätzung zur Verfügung zu stellen, da er eine solche Kostenschätzung nicht besitze. Diesbezüglich weise er noch einmal darauf hin, dass die Bahn, der Bund, die Niederländer und die Belgier die Kostenschätzung von IVV akzeptiert hätten.
Das Arbitrage-Gutachten binde lediglich die Niederlande und Belgien. Die neue Landesregierung habe nach dem Regierungswechsel zunächst einmal die nordrhein-westfälischen Interessen definiert und formuliert, um nicht von anderen abhängig zu sein. Von daher interessiere ihn irgendein Urteil in Belgien oder den Niederlanden überhaupt nicht. Seiner Meinung nach müssten hier nordrhein-westfälische und deutsche Interessen vertreten werden.
Der Abgeordnete Wißen habe gefragt, ob er auch die historische Trasse in Erwägung ziehe. Diesbezüglich verweise er noch einmal auf den Antrag aller vier Fraktionen, mit dem sich das Parlament auf die A 52-Trasse verständigt habe. Insofern kämpfe er für die A 52-Trasse, da diese nach seiner Einschätzung die umweltverträglichste, menschenverträglichste, ökonomischste Variante darstelle. Vor dem Hintergrund sehe er keinen Anlass, davon abzuweichen.
Einen Zeitplan gebe es derzeit nicht. In Brüssel sei man mit der Verabredung auseinandergegangen, weitere bilaterale Gespräche zu führen. Derartige Gespräche hätten bereits zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Bund stattgefunden. Diese werde es auch zwischen dem Bund und den Niederlanden und Belgien geben. Auch Nordrhein-Westfalen werde sich darum bemühen, Gespräche mit der belgischen und der niederländischen Regierung aufzunehmen. Einen festen Terminplan dafür gebe es aber nicht. In den Gesprächen, an denen er bislang teilgenommen habe, habe die
Viersener Kurve keine Rolle gespielt. Dies gelte auch für die Arbeitsebene. Der Abgeordnete Schulte habe eine konkrete Kostenschätzung angesprochen. Eine solche gebe es mit dem Planfeststellungsbeschluss, also nach Abschluss der Vorentwurfs- und Ausführungsphase. Dies möge man bedauern, sei aber nicht zu ändern. Man habe auch darüber gesprochen, ob sich Belgien und die Niederlande vorstellen könnten, gemeinsam die Planungskosten zu finanzieren und am Ende der Planungsphase darüber zu entscheiden, ob die A 52-Trasse gebaut werde und wie die Kostenaufteilung aussehe. Diesbezüglich hätten sich beide Länder sehr zurückgehalten, was er verstehen könne, denn es wäre ein hoher zweistelliger Millionenbetrag notwendig, um die Planungen zum Abschluss zu bringen. Die Kosten könnten also erst dann konkret geschätzt werden, wenn die Planungsphase abgeschlossen sei. Dies mache derartige Großprojekte ja so schwierig. Inwieweit die Kostenschätzung von IVV tragfähig sei, werde der Planungsfortgang zeigen. Dafür gebe es ja derartige Planverfahren. Wenn man dies alles mit einem vereinfachten Verfahren abschließend klären könnte, könnte man sich viel Planungsaufwand sparen.
Zum Lärmschutz: Der Lärmschutz an der Neubaustrecke sei definiert. Bezüglich des Lärmschutzes an bestehenden Strecken gebe es keinen Unterschied zwischen der historischen Trasse und der A 52-Trasse, denn die Züge würden auf den Bestandsstrecken durch Viersen und Krefeld sowie durch Köln, Oberhausen, Duisburg und wahrscheinlich durch Bielefeld fahren. Da Viersen und Krefeld jedoch außergewöhnlichen Lärmbelastungen ausgesetzt wären, da es danach Verästelungen und Verteilungen in das übrige Netz gebe, gehörten für ihn der Lärmschutz auf der Bestandsstrecke gerade in Krefeld und Viersen sowie die Entscheidung über die Trassenvariante und die Neubaustrecke mit dem ohnehin dazugehörigen Lärmschutz zusammen.
Dass es ständig neue Entwicklungen im Bereich des Lärmschutzes gebe, sei eine Binsenweisheit. Diesbezüglich empfehle er einen Besuch von Bombardier in Siegen, wo die Drehgestelle für viele Züge in Deutschland und darüber hinaus hergestellt würden. Mit relativ wenig Aufwand könne umgerüstet werden. Diesbezüglich bestehe jedoch dann die Notwendigkeit, endlich zu lärmabhängigen Trassenentgelten zu kommen. Bei jeder Verkehrsministerkonferenz trete er dafür ein, dass sich der Bundesverkehrsminister für derartige Entgelte einsetze. Dies sei bislang nicht gesche
hen, was er zutiefst bedaure. Er verfüge leider nicht über die notwendigen Instrumente, eine solche vernünftige Politik durchzusetzen. Selbstverständlich werde es nicht möglich sein, an jedem Kilometer Eisenbahntrasse in Nordrhein-Westfalen eine Lärmschutzwand zu errichten. Man könne die schlimmsten Belastungssituationen insbesondere im Bereich der Rheinschiene, im Ruhrgebiet und am Niederrhein durch Lärmschutzwände entschärfen. Diesbezüglich habe die Bahn vieles vor. Diesbezüglich verweise er auf entsprechende Maßnahmen in Bonn, Neuss, Oberhausen und Dinslaken. Das alles stelle jedoch nur Stückwerk dar. Seiner Meinung nach müssten lärmgeminderte Fahrzeuge eingesetzt werden. Der Königsweg hierfür stelle ein lärmabhängiges Trassenentgelt dar. Die Bahn werde Derartiges freiwillig nicht einführen. Insofern obliege es dem Eigentümer der Deutschen Bahn, also dem Bund, dafür zu sorgen.
Horst Becker (GRÜNE) stellt fest, dass der Minister offenkundig nicht wahrnehme, was um ihn herum passiere. Er habe den Eindruck, dass er auch die Verhandlungen nicht genau verfolge. Der niederländische Verkehrsminister habe ausgeführt, dass ihm von deutscher Seite erklärt worden sei, dass die Kosten bis zu 900 Millionen € betragen könnten. Seiner, Beckers, Vermutung nach sei der Verursacher dieser Kostenschätzung die Bahn. Der Abgeordnete möchte wissen, wer diese 900 Millionen € ins Gespräch gebracht habe.
Der gemeinsame von allen vier Fraktionen beschlossene Antrag spreche von einer realisierbaren Variante. Welche Variante sich am Ende durchsetze, hänge unter anderem von den Kosten, Planungssachen und Lärm ab. Von daher sei es seiner Fraktion wichtig gewesen, eine Reihe von Restriktionen mit in den Antrag aufzunehmen. Seiner Ansicht nach könne es sich der Minister nicht so einfach machen. Der Minister trage den derzeitigen Streit auf dem Rücken der Bevölkerung und der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen aus. Das Dilemma des Ministers bestehe darin, im Wahlkampf die historische Trasse ausgeschlossen zu haben und jetzt die Partner nicht von der A 52-Trasse überzeugen zu können. Dieses Problem könne man jedoch nicht durch Untätigkeit lösen. Hier sei ein Konzept vonnöten, um eine Bewegung bei den Partnern zu erreichen.
Bodo Wißen (SPD) sagt, wenn der Minister in Brüssel genauso auftrete wie hier, dann wundere ihn nichts mehr. Den Konsens mit den Parteien wische er einfach vom Tisch. Dabei sei den Koalitionsfraktionen und dem Minister ein solcher Konsens doch sehr wichtig gewesen. Seine Fraktion wolle eine zweigleisige elektrifizierte Strecke, da nur diese wirtschaftlich sei. Hierfür biete sich natürlich die A 52-Trasse an. Allerdings stelle diese nur eine Variante dar. Insofern interessiere ihn, was passiere, wenn die A 52-Variante nicht zum Tragen komme. Er unterstelle, dass dann das Oberziel, nämlich die zweigleisige elektrifizierte Strecke, aufgegeben werde und es bei dem jetzigen unbefriedigenden Zustand bleibe.
Dieter Hilser (SPD) bestätigt, dass laut Parlamentsbeschluss die A 52-Trasse mit Vorrang untersucht und verfolgt werden solle. Nichtsdestotrotz lasse der Parlamentsbeschluss ausdrücklich auch eine andere Trasse zu. Dies stehe im Widerspruch zur Position des Ministers, nach der eine Trasse definitiv ausgeschlossen werde.
Christof Rasche (FDP) führt aus, der Abgeordnete Schulte habe von einer verlässlichen Kostenrechnung gesprochen. Er könnte sich vorstellen, dass man eine solche Kostenrechnung auch schon vor einem Planfeststellungsbeschluss hinbekomme. Dies sei im Übrigen auch die Grundlage für alle Aufstellungen von Bundesverkehrswegeplänen und vergleichbaren Plänen. Hier liege oftmals noch kein Planfeststellungsbeschluss vor und trotzdem würden ziemlich genau die Kosten benannt. In dem Antrag sei von einer Trasse für den Eisernen Rhein die Rede. Anschließend würden aber vom Landtag alle Vorteile ausschließlich der A 52-Trasse benannt. Es werde keine andere Trasse erwähnt. Von daher halte er den Antrag für eindeutig. Der Abgeordnete Becker habe Kosten in Höhe von 900 Millionen € angesprochen. Offenbar habe der Staatssekretär Großmann im Bundesverkehrsministerium diese Summe immer wieder genannt. Er stehe ja nicht nur in einer engen Verbindung zum Bundesverkehrsministerium, sondern auch zur Deutschen Bahn. Vielleicht liege es ja an dieser gemischten Rolle.
Horst Becker (GRÜNE) merkt an, wenn die in Rede stehenden 900 Millionen € nicht stimmten, dann sollte man in der Lage sein, diese Summe zu korrigieren. Die A 52-Trasse sei im Zuge der Beratungen als zusätzliche Variante zu den bereits erörterten Varianten ins Gespräch gekommen. Die Koalitionsfraktionen und Teile der SPD hätten lediglich die A 52-Trasse weiterverfolgen wollen. Hiergegen habe sich seine Fraktion gewandt, allerdings sei man bereit gewesen, in dem gemeinsamen Antrag darauf hinzuweisen, dass die A 52-Trasse jedenfalls dann, wenn sämtliche Restriktionen eingehalten würden, Vorteile hätte. Hierzu stehe er bis heute. Dies sollte jedoch nicht zur Folge haben, dass dann, wenn die A 52-Trasse nicht durchgesetzt werden könne, nichts gemacht werde. Das könne keine Alternative sein. Dies gebe weder der Beschluss her, noch halte er es inhaltlich für verantwortlich. Minister Oliver Wittke (MBV) betont, er werde auch weiterhin versuchen, den Parlamentsbeschluss, der eine eindeutige Tendenz beinhalte, umzusetzen. Die Gespräche mit dem Bund, der Bahn, mit Belgien und den Niederlanden würden fortgesetzt. Er wolle die beste Lösung für Nordrhein-Westfalen erreichen.
Punkt 5 Eiserner Rhein: Konsequenzen aus dem Scheitern der A 52-Variante – Bericht des Ministers für Bauen und Verkehr
Vorsitzender Wolfgang Röken betont die Aktualität dieses Themas, die auch durch die Presseartikel am heutigen Tage deutlich werde.
Minister Oliver Wittke (MBV) trägt vor:
Der Blick in die Presseschau mag interessant sein, der Blick auf die Fakten ist aber aufschlussreicher. Es gibt häufig Diskrepanzen zwischen den Berichten irgendwelcher Leute und dem, was tatsächlich passiert ist. Manchmal bedeutet es auch ein Gewinn an Lebensqualität, wenn man die Presseschau einfach einmal rechts oder links zur Seite legt und sich an den Fakten orientiert. Genau das möchte ich machen, indem ich Ihnen einen Sachstandsbericht über den Eisernen Rhein gebe.
In der vorletzten Woche hat ein Gespräch der Verkehrsminister aus Belgien, den Niederlanden, Nordrhein-Westfalen und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium in Brüssel stattgefunden. Insoweit ist die Berichterstattung korrekt. Es ist auch korrekt, dass wir ohne ein Ergebnis auseinander gegangen sind. Falsch ist aber, davon zu reden, dass die A 52-Trasse gestorben und ad acta gelegt worden sei. Das Gegenteil ist der Fall. Es laufen weitere Gespräche. Verhandlungsführer auf der deutschen Seite ist der Bund; das ist klar und eindeutig. Wir in Nordrhein-Westfalen sind nicht Verfahrensbeteiligte, wenngleich ich durchaus zugestehe, dass wir in dieser Frage die Druckmacher sind. Ich bin froh, dass die A 52-Trasse im Landtag eine so breite Mehrheit gefunden hat, weil ich relativ selbstbewusst mit einem breiten Mandat auftreten und diese vernünftigste Trasse immer wieder protegieren kann.
Vor 14 Tagen haben wir eine Einigung bezüglich der Finanzierung erzielt. Darum ist es falsch, zu behaupten, der niederländische Verkehrsminister habe gesagt, er werde keine Mehrkosten auf deutscher Seite übernehmen. Ganz im Gegenteil: Wir haben die komfortable und gute Situation, dass sowohl Belgien als auch die Niederlande bereit sind, auf deutschem Staatsgebiet Infrastrukturfinanzierung mitzubetreiben. Das ist wahrhaft europäisch gedacht. Das ist gut und vernünftig, denn in der Tat würden von einem Eisernen Rhein ja nicht nur die Bundesrepublik Deutschland, sondern auch Belgien und die Niederlande profitieren.
Keine Einigung erzielt haben wir hinsichtlich der Risikoaufteilung für den Fall, dass es zu Mehrkosten kommen sollte. Auch hier gilt: Vor Abschluss der Vorentwurfsplanungen und der Ausführungsplanungen wird man keine Aussage darüber treffen können, wie teuer der Eiserne Rhein tatsächlich wird. Bislang sind wir von der Summe ausgegangen, die IVV in einem Gutachten ermittelt hat. Das Gutachten wird mittlerweile auch von der Deutschen Bahn und von den drei Nationalstaaten ausdrücklich bestätigt. Wenn es in diesem Kostenrahmen bleiben würde, hätten wir keinerlei Probleme. Da es aber zu Kostensteigerungen kommen kann, muss man sich vor Abschluss einer trinationalen Vereinbarung darüber einigen, wer welchen Anteil dieser Kosten übernimmt. An genau dieser Stelle stehen wir. Zwar gibt es die Neigung der Niederlande, in einem beträchtlichen Umfange Kostensteigerungen mit übernehmen zu wollen, allerdings weigern sich die Belgier derzeit und ist der Bund im Moment noch nicht bereit – ich sage bewusst: noch nicht bereit, da noch Gespräche laufen –, einen ungedeckten Scheck für mögliche auftretende Kosten auszustellen. Insofern werden in den nächsten Wochen und Monaten weitere Gespräche vonnöten sein.
Ich möchte noch einmal unser Grundanliegen deutlich machen: Wir wollen so schnell wie möglich eine leistungsfähige Güterverkehrstrasse von Antwerpen in den Rhein-Ruhr-Raum haben. Das ist für die Weiterentwicklung unserer Wirtschaftsräume an Rhein und Ruhr zwingend notwendig. Leistungsfähig bedeutet für mich, dass sie zweigleisig und elektrifiziert ist, denn alle anderen – das haben unsere Untersuchungen gezeigt – Varianten würden schon nach wenigen Jahren an ihre Kapazitätsgrenze gelangen. Das ist im Übrigen in der Vergangenheit Common Sense gewesen zwischen den drei Nationalstaaten, dass die Trasse leistungsfähig sein soll. Dazu wären im Zuge der A 52-Trasse weitere Baumaßnahmen auf niederländischem Staatsgebiet notwendig. Auch das hat der niederländische Verkehrsminister zugesagt. Darüber hinaus wollen wir, dass diese Trasse möglichst zügig realisiert wird, natürlich mit dem entsprechenden Lärmschutz nicht nur im Neubaubereich, sondern insbesondere auch an der Bestandsstrecke, also in Viersen, Krefeld und anderen Strecken, die durch eine höhere Zugfrequenz Belastungen ausgesetzt sind.
Ich bin froh darüber, dass wir in enger Abstimmung mit dem Bund eine einheitliche Meinung zwischen Bundesregierung, Landesregierung und dem Landesparlament haben. Insofern sehe ich mit Interesse den weiteren Verhandlungen entgegen. Es wird noch eine Reihe von Gesprächen zu führen sein. Darum noch einmal: Wir stecken zwar im Moment fest, aber die A 52-Trasse ist nicht gescheitert.
Horst Becker (GRÜNE) erwidert, offensichtlich hielten aber viele andere Beteiligte die A 52-Variante für gescheitert. Beispielsweise habe der niederländische Verkehrsminister Eurlings an die Zweite Kammer in Den Haag am 25. November Folgendes geschrieben: Jetzt, wo die A 52-Variante vom Tisch ist, müssen wir entsprechend den Ausführungen des Arbitrage-Gutachtens gemeinsam mit Belgien den Weg der Modernisierung, Anpassung und Reaktivierung des Eisernen Rheins einschlagen.
Möglicherweise bestehe ja die Chance, den niederländischen Verkehrsminister zurückzugewinnen. Er stelle sich jedoch die Frage, warum der niederländische Verkehrsminister so etwas vermelde. Eine wesentliche Ursache dafür – dies habe man in den letzten Wochen auch der Presse entnehmen können – stelle die Kostenschätzung und die Aufteilung der Kosten dar. Vonseiten des Ministers Wittke und des
Gutachtens werde immer wieder von einer Win-win-Situation gesprochen, die sich dadurch ergebe, dass ein Naturschutzgebiet nicht untertunnelt werden müsse und die dadurch eingesparten Mittel für Investitionen im Bereich der deutschen Trasse verwandt würden.
Der niederländische Verkehrsminister habe darüber hinaus in seinem Schreiben dargelegt, dass ihm von deutscher Seite erklärt worden sei, dass die Kosten bis zu 900 Millionen € betragen könnten. Hier stelle sich die Frage, wer diese Summe ins Spiel gebracht habe. Er vermute, dass dies die Bahn gewesen sei. Wenn nun von deutscher Seite gefordert werde, dass die Differenz zwischen 480 Millionen € und 900 Millionen € von allen Beteiligten getragen werde, dann dürfe man sich nicht wundern, dass die Partner ihre Meinung änderten. Vor dem Hintergrund möchte er vom Minister wissen, was er zu tun gedenke, um den niederländischen Verkehrsminister wieder auf das gemeinsame Gleis zurückzuholen. Wenn der Minister auf diese Frage keine akzeptable Antwort gebe, dann würde er den Optimismus des Ministers für tollkühn halten.
Bodo Wißen (SPD) führt aus, es bestehe Einigkeit darin, dass nur eine zweigleisige und elektrifizierte Strecke wirtschaftlich sinnvoll sei. Hierauf beruhe ja auch der Antrag aller vier Fraktionen im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Er stelle nun fest, dass der Minister gegenüber dem Parlament im Hinblick auf eine Realisierung der A 52-Trasse zu optimistisch gewesen sei. Offenbar habe der Minister vorher nicht mit allen Beteiligten die Bedingungen abgeklärt. Die drei an dem Verfahren Beteiligten müssten sich nun für die A 52-Trasse oder die historische Trasse entscheiden. Der Abgeordnete möchte wissen, ob der Minister bereit sei, auch die historische Trasse zweigleisig und elektrifiziert zu unterstützen. Wenn er das nicht wolle, dann bedeutete dies einen Verstoß gegen den Antrag.
Christof Rasche (FDP) legt dar, der Eiserne Rhein sei für den Wirtschaftsstandort Deutschland und Nordrhein-Westfalen von elementarer Bedeutung. Dieser müsse zweigleisig und elektrifiziert sein. Die Niederländer hätten klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es bei der historischen Trasse im Bereich des Tunnels auf keinen Fall zweigleisig sein werde. Da nur eine vollständig zweigleisige und elektrifizierte Strecke Sinn mache, falle die Variante historische Trasse aus. Nach Auffassung seiner Fraktion sei ausschließlich die A 52-Trasse leistungsfähig und mit Realisierungschancen versehen. Vor dem Hintergrund begrüße er, dass Minister Wittke gerade erklärt habe, dass die A 52-Trasse weiterverfolgt werde.
Hervorheben wolle er das sehr kooperative Verhalten des niederländischen Verkehrsministers Eurlings. Dies habe er an vielen Stellen bewiesen. Der niederländische Verkehrsminister Eurlings lobe in seinem Schreiben vom 25. November rückblickend ausdrücklich die positive Rolle des damaligen Staatssekretärs im Bundesverkehrsministerium Jörg Hennerkes. Dieser habe ihn mit der Argumentation einer Win-win-Situation für alle drei Staaten überzeugt, für Belgien größere Kapazitäten, für die Niederlande eine finanzielle Entlastung und zusätzliche Maßnahmen in Wert und für Deutschland ebenfalls größere Kapazitäten und zudem die Möglichkeit eines Logistikzentrums bei Elmpt.
In einem Gespräch in Berlin habe Staatssekretär Hennerkes ausdrücklich die Win-win-Situation für alle drei Länder bestätigt und zudem auf Nachfrage erklärt, dass er das Ziel verfolge, die A 52-Trasse als ein europäisches Projekt im Rahmen einer Aktiengesellschaft zu verwirklichen.
Mittlerweile habe Staatssekretär Großmann die Rolle des ehemaligen Staatssekretärs Hennerkes in Berlin übernommen. Hier könne er jedoch nichts Positives vermelden. Staatssekretär Großmann sorge überall für große Verunsicherung, insbesondere dadurch, dass er ständig und überall andere Summen nenne.
Die FDP verfolge weiterhin das Ziel, die A 52-Trasse auf der Grundlage des Beschlusses des Landtags aller vier Fraktionen zu verwirklichen.
Dietmar Brockes (FDP) ist interessiert zu erfahren, ob ein weiterer Zeitplan vorliege und – wenn ja – wie dieser aussehe.
Er habe der Regionalpresse entnommen, dass es auf niederländischer Seite Überlegungen bezüglich eines direkten Ausbaus der sogenannten Viersener Kurve gebe. Dies würde bedeuten, dass der Verkehr von Antwerpen nach Venlo und nicht über Roermond geführt würde. Er fragt, ob dies ebenfalls Inhalt der Gespräche gewesen sei.
Bernd Schulte (CDU) lässt verlauten, der Minister habe deutlich gemacht, dass die Behauptung, die A 52-Trasse wäre gescheitert, nicht zutreffe. Fakt sei, dass es derzeit einen Stau gebe, was die Risikoverteilung bezüglich der Mehrkosten angehe. Es scheine eine Frage der Verständigung im Verhältnis Benelux/Nordrhein-Westfalen zu sein, wie man mit den offensichtlich etwas schwächelnden belgischen Partnern weiter klarkomme. Eine wichtige Etappe auf dem Weg könnte der Versuch sein, die Mehrkosten aus dem anonymen Bereich herauszuholen und auf der Grundlage von
Kostenschätzungen nach der HOAI Zahlen zu bekommen, die mehr als vage Schätzungen darstellten. Ohne konkrete Zahlen werde man seiner Meinung nach nicht weiterkommen.
Vor der Beschlussfassung über den Antrag habe man eine Abwägung zugunsten der A 52-Trasse vorgenommen. Vor dem Hintergrund würde er es inhaltlich und vom taktischen Vorgehen her für falsch halten, seitens des Landes Nordrhein-Westfalen die historische Trasse als denkbare Möglichkeit darzustellen. Dies dürfe derzeit kein Thema sein. Alles andere würde die Position Nordrhein-Westfalens gegenüber dem Bund und den multilateralen Partnern schwächen. Insofern sollte man den Mut und die Ausdauer haben, zu einem einmal gefassten Beschluss zu stehen. Von daher sollte der Minister das Mandat bekommen, auf der Grundlage des gemeinsamen Beschlusses weiter zu arbeiten.
Horst Becker (GRÜNE) sagt, in Anbetracht der Kostensteigerung müsse man einmal darüber nachdenken, ob es nicht kostengünstigere und bessere Möglichkeiten für die Bevölkerung gebe. Dazu habe der Minister nichts gesagt. Er interpretiere die bislang gemachten Aussagen dahingehend, dass der Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen gebeten werde, darüber nachzudenken, zusätzliches Geld zur Abdeckung der Risiken zur Verfügung zu stellen.
Er weise darauf hin, dass der von allen vier Fraktionen getragene Antrag falsch interpretiert werde. In dem Antrag sei von einer möglichen Trasse die Rede. Darüber hinaus würden einige Restriktionen genannt. Durch einen Vergleich der verschiedenen möglichen Trassen ergebe sich dann, für welche Trasse man sich entscheide. Er halte es nicht für klug, sich auf eine Trasse festzulegen und andere kategorisch abzulehnen. Dadurch mache man sich erpressbar, indem man sich nämlich der Gefahr aussetze, zur Durchsetzung der A 52-Trasse mehr Geld zur Verfügung stellen zu müssen.Eine solche Vorgehensweise hielte er für unverantwortlich. Dies würde auch den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen gefährden, da man dann entweder keine Trasse oder eine Trasse nur zu einem sehr hohen Preis bekomme. Seiner Meinung nach müsse der Minister einen anderen Weg gehen.
Monika Ruff-Händelkes (SPD) lässt verlauten, ihr sei nicht klar, inwieweit der Lärmschutz bei allen bisher miteinander verglichenen Varianten mit einberechnet worden sei. Hierin bestehe ein großes Problem für die Menschen vor Ort. Die Kosten könnten nur dann miteinander verglichen werden, wenn man auch den Lärmschutz mit einbeziehe. Der Minister habe dem Lärmschutz eine große Priorität beigemessen. Es fänden von der DB AG durchgeführt und dem Bundesverkehrsministerium initiiert immer wieder Untersuchungen statt, wie der Lärm gesenkt werden könne. Die Abgeordnete möchte wissen, inwieweit der Minister Derartiges in seine Überlegungen mit einbeziehe.
Minister Oliver Wittke (MBV) betont, die A 52-Trasse sei nicht vom Tisch. Er empfehle, sich mit dem niederländischen Verkehrsminister darüber zu unterhalten, wie er seine Ausführungen gemeint habe. Das Land Nordrhein-Westfalen werde auch weiterhin über die A 52-Trasse verhandeln. Diesen Verhandlungsauftrag leite er auch aus dem Parlamentsbeschluss ab.
Der Abgeordnete Becker habe bezüglich der Kostenschätzung die Deutsche Bahn angesprochen. Er bitte den Abgeordneten, ihm diese Kostenschätzung zur Verfügung zu stellen, da er eine solche Kostenschätzung nicht besitze. Diesbezüglich weise er noch einmal darauf hin, dass die Bahn, der Bund, die Niederländer und die Belgier die Kostenschätzung von IVV akzeptiert hätten.
Das Arbitrage-Gutachten binde lediglich die Niederlande und Belgien. Die neue Landesregierung habe nach dem Regierungswechsel zunächst einmal die nordrhein-westfälischen Interessen definiert und formuliert, um nicht von anderen abhängig zu sein. Von daher interessiere ihn irgendein Urteil in Belgien oder den Niederlanden überhaupt nicht. Seiner Meinung nach müssten hier nordrhein-westfälische und deutsche Interessen vertreten werden.
Der Abgeordnete Wißen habe gefragt, ob er auch die historische Trasse in Erwägung ziehe. Diesbezüglich verweise er noch einmal auf den Antrag aller vier Fraktionen, mit dem sich das Parlament auf die A 52-Trasse verständigt habe. Insofern kämpfe er für die A 52-Trasse, da diese nach seiner Einschätzung die umweltverträglichste, menschenverträglichste, ökonomischste Variante darstelle. Vor dem Hintergrund sehe er keinen Anlass, davon abzuweichen.
Einen Zeitplan gebe es derzeit nicht. In Brüssel sei man mit der Verabredung auseinandergegangen, weitere bilaterale Gespräche zu führen. Derartige Gespräche hätten bereits zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Bund stattgefunden. Diese werde es auch zwischen dem Bund und den Niederlanden und Belgien geben. Auch Nordrhein-Westfalen werde sich darum bemühen, Gespräche mit der belgischen und der niederländischen Regierung aufzunehmen. Einen festen Terminplan dafür gebe es aber nicht. In den Gesprächen, an denen er bislang teilgenommen habe, habe die
Viersener Kurve keine Rolle gespielt. Dies gelte auch für die Arbeitsebene. Der Abgeordnete Schulte habe eine konkrete Kostenschätzung angesprochen. Eine solche gebe es mit dem Planfeststellungsbeschluss, also nach Abschluss der Vorentwurfs- und Ausführungsphase. Dies möge man bedauern, sei aber nicht zu ändern. Man habe auch darüber gesprochen, ob sich Belgien und die Niederlande vorstellen könnten, gemeinsam die Planungskosten zu finanzieren und am Ende der Planungsphase darüber zu entscheiden, ob die A 52-Trasse gebaut werde und wie die Kostenaufteilung aussehe. Diesbezüglich hätten sich beide Länder sehr zurückgehalten, was er verstehen könne, denn es wäre ein hoher zweistelliger Millionenbetrag notwendig, um die Planungen zum Abschluss zu bringen. Die Kosten könnten also erst dann konkret geschätzt werden, wenn die Planungsphase abgeschlossen sei. Dies mache derartige Großprojekte ja so schwierig. Inwieweit die Kostenschätzung von IVV tragfähig sei, werde der Planungsfortgang zeigen. Dafür gebe es ja derartige Planverfahren. Wenn man dies alles mit einem vereinfachten Verfahren abschließend klären könnte, könnte man sich viel Planungsaufwand sparen.
Zum Lärmschutz: Der Lärmschutz an der Neubaustrecke sei definiert. Bezüglich des Lärmschutzes an bestehenden Strecken gebe es keinen Unterschied zwischen der historischen Trasse und der A 52-Trasse, denn die Züge würden auf den Bestandsstrecken durch Viersen und Krefeld sowie durch Köln, Oberhausen, Duisburg und wahrscheinlich durch Bielefeld fahren. Da Viersen und Krefeld jedoch außergewöhnlichen Lärmbelastungen ausgesetzt wären, da es danach Verästelungen und Verteilungen in das übrige Netz gebe, gehörten für ihn der Lärmschutz auf der Bestandsstrecke gerade in Krefeld und Viersen sowie die Entscheidung über die Trassenvariante und die Neubaustrecke mit dem ohnehin dazugehörigen Lärmschutz zusammen.
Dass es ständig neue Entwicklungen im Bereich des Lärmschutzes gebe, sei eine Binsenweisheit. Diesbezüglich empfehle er einen Besuch von Bombardier in Siegen, wo die Drehgestelle für viele Züge in Deutschland und darüber hinaus hergestellt würden. Mit relativ wenig Aufwand könne umgerüstet werden. Diesbezüglich bestehe jedoch dann die Notwendigkeit, endlich zu lärmabhängigen Trassenentgelten zu kommen. Bei jeder Verkehrsministerkonferenz trete er dafür ein, dass sich der Bundesverkehrsminister für derartige Entgelte einsetze. Dies sei bislang nicht gesche
hen, was er zutiefst bedaure. Er verfüge leider nicht über die notwendigen Instrumente, eine solche vernünftige Politik durchzusetzen. Selbstverständlich werde es nicht möglich sein, an jedem Kilometer Eisenbahntrasse in Nordrhein-Westfalen eine Lärmschutzwand zu errichten. Man könne die schlimmsten Belastungssituationen insbesondere im Bereich der Rheinschiene, im Ruhrgebiet und am Niederrhein durch Lärmschutzwände entschärfen. Diesbezüglich habe die Bahn vieles vor. Diesbezüglich verweise er auf entsprechende Maßnahmen in Bonn, Neuss, Oberhausen und Dinslaken. Das alles stelle jedoch nur Stückwerk dar. Seiner Meinung nach müssten lärmgeminderte Fahrzeuge eingesetzt werden. Der Königsweg hierfür stelle ein lärmabhängiges Trassenentgelt dar. Die Bahn werde Derartiges freiwillig nicht einführen. Insofern obliege es dem Eigentümer der Deutschen Bahn, also dem Bund, dafür zu sorgen.
Horst Becker (GRÜNE) stellt fest, dass der Minister offenkundig nicht wahrnehme, was um ihn herum passiere. Er habe den Eindruck, dass er auch die Verhandlungen nicht genau verfolge. Der niederländische Verkehrsminister habe ausgeführt, dass ihm von deutscher Seite erklärt worden sei, dass die Kosten bis zu 900 Millionen € betragen könnten. Seiner, Beckers, Vermutung nach sei der Verursacher dieser Kostenschätzung die Bahn. Der Abgeordnete möchte wissen, wer diese 900 Millionen € ins Gespräch gebracht habe.
Der gemeinsame von allen vier Fraktionen beschlossene Antrag spreche von einer realisierbaren Variante. Welche Variante sich am Ende durchsetze, hänge unter anderem von den Kosten, Planungssachen und Lärm ab. Von daher sei es seiner Fraktion wichtig gewesen, eine Reihe von Restriktionen mit in den Antrag aufzunehmen. Seiner Ansicht nach könne es sich der Minister nicht so einfach machen. Der Minister trage den derzeitigen Streit auf dem Rücken der Bevölkerung und der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen aus. Das Dilemma des Ministers bestehe darin, im Wahlkampf die historische Trasse ausgeschlossen zu haben und jetzt die Partner nicht von der A 52-Trasse überzeugen zu können. Dieses Problem könne man jedoch nicht durch Untätigkeit lösen. Hier sei ein Konzept vonnöten, um eine Bewegung bei den Partnern zu erreichen.
Bodo Wißen (SPD) sagt, wenn der Minister in Brüssel genauso auftrete wie hier, dann wundere ihn nichts mehr. Den Konsens mit den Parteien wische er einfach vom Tisch. Dabei sei den Koalitionsfraktionen und dem Minister ein solcher Konsens doch sehr wichtig gewesen. Seine Fraktion wolle eine zweigleisige elektrifizierte Strecke, da nur diese wirtschaftlich sei. Hierfür biete sich natürlich die A 52-Trasse an. Allerdings stelle diese nur eine Variante dar. Insofern interessiere ihn, was passiere, wenn die A 52-Variante nicht zum Tragen komme. Er unterstelle, dass dann das Oberziel, nämlich die zweigleisige elektrifizierte Strecke, aufgegeben werde und es bei dem jetzigen unbefriedigenden Zustand bleibe.
Dieter Hilser (SPD) bestätigt, dass laut Parlamentsbeschluss die A 52-Trasse mit Vorrang untersucht und verfolgt werden solle. Nichtsdestotrotz lasse der Parlamentsbeschluss ausdrücklich auch eine andere Trasse zu. Dies stehe im Widerspruch zur Position des Ministers, nach der eine Trasse definitiv ausgeschlossen werde.
Christof Rasche (FDP) führt aus, der Abgeordnete Schulte habe von einer verlässlichen Kostenrechnung gesprochen. Er könnte sich vorstellen, dass man eine solche Kostenrechnung auch schon vor einem Planfeststellungsbeschluss hinbekomme. Dies sei im Übrigen auch die Grundlage für alle Aufstellungen von Bundesverkehrswegeplänen und vergleichbaren Plänen. Hier liege oftmals noch kein Planfeststellungsbeschluss vor und trotzdem würden ziemlich genau die Kosten benannt. In dem Antrag sei von einer Trasse für den Eisernen Rhein die Rede. Anschließend würden aber vom Landtag alle Vorteile ausschließlich der A 52-Trasse benannt. Es werde keine andere Trasse erwähnt. Von daher halte er den Antrag für eindeutig. Der Abgeordnete Becker habe Kosten in Höhe von 900 Millionen € angesprochen. Offenbar habe der Staatssekretär Großmann im Bundesverkehrsministerium diese Summe immer wieder genannt. Er stehe ja nicht nur in einer engen Verbindung zum Bundesverkehrsministerium, sondern auch zur Deutschen Bahn. Vielleicht liege es ja an dieser gemischten Rolle.
Horst Becker (GRÜNE) merkt an, wenn die in Rede stehenden 900 Millionen € nicht stimmten, dann sollte man in der Lage sein, diese Summe zu korrigieren. Die A 52-Trasse sei im Zuge der Beratungen als zusätzliche Variante zu den bereits erörterten Varianten ins Gespräch gekommen. Die Koalitionsfraktionen und Teile der SPD hätten lediglich die A 52-Trasse weiterverfolgen wollen. Hiergegen habe sich seine Fraktion gewandt, allerdings sei man bereit gewesen, in dem gemeinsamen Antrag darauf hinzuweisen, dass die A 52-Trasse jedenfalls dann, wenn sämtliche Restriktionen eingehalten würden, Vorteile hätte. Hierzu stehe er bis heute. Dies sollte jedoch nicht zur Folge haben, dass dann, wenn die A 52-Trasse nicht durchgesetzt werden könne, nichts gemacht werde. Das könne keine Alternative sein. Dies gebe weder der Beschluss her, noch halte er es inhaltlich für verantwortlich. Minister Oliver Wittke (MBV) betont, er werde auch weiterhin versuchen, den Parlamentsbeschluss, der eine eindeutige Tendenz beinhalte, umzusetzen. Die Gespräche mit dem Bund, der Bahn, mit Belgien und den Niederlanden würden fortgesetzt. Er wolle die beste Lösung für Nordrhein-Westfalen erreichen.